Was gehört zu einem Gottesdienst?

Jede Gemeinde hat bestimmte Abläufe und Formen, die für ihren Gottesdienst typisch sind, die in ähnlicher oder gleicher Form immer wieder vorkommen — wenn man ein paarmal dorthin gegangen ist, weiß man: »Aha, jetzt ist die Lobpreiszeit rum, das nächste ist vermutlich die Kollekte.« oder auch »Ok, von vorne wurde ein Segen gesprochen, dann ist jetzt wohl Schluss.«

Manche nennen diesen Ablauf eine Liturgie, andere scheuen diesen Begriff, weil sie damit einen nur noch formalen Gottesdienst verbinden. Unabhängig davon, ob sie dieses Wort benutzen: Alle mir bekannten Gemeinden haben typische Abläufe, die sich mit mehr oder weniger Flexibilität wiederholen.
Manche begrüßen zuerst die Gottesdienstteilnehmer, anderen ist es wichtig, dass man sich als erstes an Gott, den Gastgeber und Mittelpunkt des Zusammenkommens, wendet — aber in aller Regel wiederholt sich auch dieser Teil des Gottesdienstablaufs von Woche zu Woche.

Und das ist ja auch nicht falsch so: Wir erkennen aus Gottes Wort, was gute, wichtige Elemente des sonntäglichen Zusammenkommens der Gemeinde sind, und wir praktizieren dann auch, was wir erkannt und verstanden haben...

Für unsere Gemeinde ist es mir ein besonderes Anliegen, dass wir uns die christliche Freiheit auch im Gottesdienst erhalten und gleichzeitig lernen und auch tun, was die Bibel über den Gottesdienst lehrt — und ein Gutes dabei ist: Wir müssen das alles nicht neu erfinden! Christen der Vergangenheit, die ja auch die Bibel hatten, die auch mit dem Heiligen Geist gesegnet waren, haben (auf unterschiedliche, vielfältige Weise, in mancherlei Gestalt, aber mit dem gleichen, immer wiederkehrenden Inhalt) ein reiches Erbe hinterlassen, aus dem wir schöpfen können.

Ein Beispiel: Ist es ein Zeichen von mangelndem geistlichen Leben, wenn ein Gebet vorgelesen statt frei formuliert gesprochen wird? Ja sicher — falls das dazu führt, dass mit der Zeit verlernt wird, frei zu beten! Aber wenn ein wirklich gutes Gebet, ein tiefgehender Text, niedergeschrieben aus einem Herzen, das von Gottes Handeln tief bewegt ist und aus einem Verstand, der von Gottes Wahrheiten durchdrungen ist, im Gottesdienst gemeinsam gebetet wird, dann hat auch das seinen Platz.
In den wenigen Wochen unseres Bestehens haben wir das noch nicht getan, wir werden wohl auch nie einen Schwerpunkt unserer Gottesdienstgestaltung darin sehen, vorformulierte Gebete zu sprechen — aber wenn es passiert, dann darf es seinen Platz haben, neben dem frei formulierten Gebet, das wir niemals vernachlässigen wollen.
König David hat Gebete niedergeschrieben, und wir finden sie in der Bibel, im Buch der Psalmen, also kann das Aufschreiben von Gebeten so falsch ja nicht sein.
Und auch wenn andere (ich schreibe jetzt mal das böse Wort:) liturgische Texte vorformuliert sind, heißt das nicht, dass sie nur tote Buchstaben sind. Auch wenn solche Texte natürlich nicht auf einer Stufe mit der biblischen Offenbarung stehen, können sie in uns lebendig werden und uns die Wahrheiten der Bibel näher bringen, von denen sie handeln.

Wenn wir sie nicht gedankenlos, wie ein heruntergeleiertes Gedicht, sprechen. Wenn wir sie uns bewusst zu eigen machen. Wenn unser Herz dabei ist.

Wir haben in unseren Gottesdiensten manchmal das Apostolische Glaubensbekenntnis gesprochen. Wir tun das nicht jedesmal; wir wollen verhindern, dass wir es nur noch als Routine wiedergeben. Aber dieser uralte Schatz auch der christlichen Gottesdienstgestaltung ist ein Beispiel für das, was wir uns erhalten und zu eigen machen wollen.

Es liegt eine Gefahr darin, wenn Gemeindegründungen so tun, als müssten sie jetzt alles neu erfinden, was christlicher Gottesdienst ist. Auch wenn kaum jemand sich das als Programm auf die Fahne schreiben würde, ist es in der Praxis manchmal so: Es werden diejenigen Gottesdienstelemente aufgenommen und besonders betont, die dem einen oder der anderen individuell besonders wichtig sind. Das führt oft zu Verarmung. Dann fehlen auf einmal andere, ganz wichtige, von der Bibel selbst gebotene Elemente, einfach, weil sie niemandem besonders am Herzen lagen.

Einen sehr nachdenkenswerten Artikel hierzu finden wir auf der Evangelium21-Website:
Die fehlenden Elemente der modernen Gottesdienste.
Der Autor, Tim Challis, nennt dort fünf Elemente, die er in manchen heutigen Gottesdiensten vermisst: Gebet, Schriftlesung, Sündenbekenntnis mit Zusicherung der Vergebung, Auslegungspredigten und gemeinsames Singen.

Christen schaffen es, untereinander erbittert zu streiten, das ist eine traurige Tatsache. Manchmal ist der Grund das Ringen um Wahrheit, manchmal einfach Rechthaberei oder Schlimmeres. Gern wird gestritten um die Form des Gottesdienstes. Noch lieber wird nach meiner Wahrnehmung gestritten um die Art von Musik und Gesang — aber das ist später einmal einen eigenen Artikel wert...
Die Evangelisch-Reformierte Freikirche in Gladbeck ist von solchem Streit bislang verschont geblieben. Die Gespräche darüber, wie wir unseren Gottesdienst gestalten wollen, habe ich bisher als ganz weitgehend konstruktiv empfunden. Und: Gott sei Dank, wir müssen nicht gleich perfekt sein. Aber wir wollen mit allem Ernst und aller Freude Gottesdienste feiern, die Jesus ehren und den Menschen ein Segen sind. Das Wichtigste dafür ist der richtige, schriftgemäße Inhalt. Dabei wollen wir auch das Gefäß nicht vernachlässigen, in dem dieser Inhalt dargeboten wird: die Form des Gottesdienstes.

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